Originally published on the ZDF website <http://www.zdf.de/wissen/aspekte/Archiv/55316/index.html>, November 8 2001.


Der Achte Tag
"Transgenes" Nagetier
Eigentlich nicht überraschend: Die Gentechnologie hat in die Kunst Einzug gehalten. Nicht erst seit der auf allen Kanälen geführten Diskussion um den Umgang mit embryonalen Stammzellen beschäftigen sich viele Künstler mit den Life Sciences. Der Brasilianer Eduardo Kac begreift Gen-Manipulation jedoch nicht mehr nur als Thema, sondern als Methode seiner Arbeit: Seine neue Richtung in der Kunst bringt grün fluoreszierende Tiere und Pflanzen hervor. Und damit natürlich auch einige Fragen und Kontroversen.

In Phoenix/Arizona hat Kac ein "transgenes Ökosystem" mit genmanipulierter Flora und Fauna geschaffen, "The Eighth Day", frei nach dem Buch der Schöpfung. Wenn Gott am siebten Tage nach der Schaffung der Erde ruhte, so symbolisiert "Der Achte Tag" die biotechnisch veränderte Natur als die Fortschreibung der Evolution durch den Menschen selbst. Genmanipulierte Tiere und Pflanzen mit floureszierenden Eigenschaften, denen das Gen einer Tiefseequalle eingepflanzt worden war, wurden für die Installation von Eduardo Kac gezüchtet. Der Künstler, der sich schon seit vielen Jahren mit künstlerischen Aufarbeitungen von Fragen rund um neue Technologien einen Namen gemacht hat, will aufzeigen, dass Genmanipulationen bereits ganz "normal" in unserer Umwelt stattfinden, ohne dass sie für uns wahrnehmbar sind. 

Gen-Schöpfung gegen Artensterben?
 
Das "transgene Ökosystem" in Arizona
Was ist in Arizona - wie auch im Internet - zu sehen? Über einen mit Kameras versehenen Bioroboter können Besuchern und Netz-Teilnehmer sich direkt in das transgene Ökosystem hineinversetzen - Big Brother im genetisch manipulierten Ökosystem. Und: Fluoreszierende Amöben regulieren durch Zellteilung Bewegungsläufe des Bioroboters - ein sehr komplizierter Vorgang, der letztendlich jedoch Biologie, Informatik und Robotik verschmilzt.

Zurück zur Renaissance?
Fünf amerikanische Labors haben an der Installation von "Der Achte Tag" mitgewirkt. Mit Bio-Künstlern wie Kac kehrt auch ein Künstlertypus des Typus Renaissance zurück, der sich gleichzeitig als Wissenschaftler und Kreativer begreift. Gen-Künstler Kac, gebürtiger Brasilianer und außerordentlicher Professor für Kunst und Technologie am Art Institute of Chicago, benutzt in seiner Arbeit den Körper selbst als Austragungsort der Konflikte, die durch die technologischen Neuerungen entstehen. 
Er stellt die Interaktion von Lebewesen und Technologie ins Zentrum seines Schaffens, um "zu humanistischen Aussagen gelangen, die einen öffentlichen Dialog fördern sollen, den man keinesfallls einer Gruppe von Spezialisten überlassen darf." (E. Kac) Denn fast unbemerkt von der Öffentlichkeit hat die Forschung bereits abertausende transgener Säugetiere geschaffen, die für den medizinischen Fortschritt oder als Bio-Reaktoren für Pharmazeutika in den Dienst gestellt werden. Und manipulierte Mäuse kann man praktischerweise bereits über die Webseiten großer amerikanischer Genlabors per Mausklick kaufen.

GFP Bunny
Eduardo Kac übernimmt mit der sogenannten "GFP-Technik" gängige Labor-Methoden, bei denen Floureszenz, also eine Art genetischer Leuchtstoff, als Biomarker eingesetzt wird. Dieses Leuchtgen hat für die Organismen keinerlei Nebenwirkungen, so die Forschung wie auch der Künstler selbst. 
Bereits im vergangenen Jahr trat Kac in Frankreich mit "Alba" an die Öffentlichkeit, einem transgenen Albino-Kaninchen des staatlichen französischen INRA-Instituts. Die Kunstaktion wurde aus Angst vor der öffentlichen Reaktion zensiert. Das Leucht-Kaninchen sollte deutlich machen, "mit welcher Vorsicht man an den Kern der Gentechnik herangehen muss, und welchen Respekt, welche Hingabe und Liebe auch diese transgenen Tiere verdienen", sagt Kac.

Der transgene Schoßhund "GFP K9"
Kac zitiert gern historische Beispiele für Genmanipulation: so hat der Mensch ja bereits vor Tausenden von Jahren den Hund aus dem Wolf "erschaffen". 
Soll nun der "nutzlosen" Kunst versagt werden, was in der Biotech-Branche "zum Nutzen des Patienten" selbstverständlich ist? Für seine Aufklärungsarbeit verletzt Kac bewusst moralische Tabus, den Kult des technisch Machbaren in unserer Gesellschaft führt er ad absurdum. 
Nun will Kac auch noch einen transgenen Hund züchten, den er als Mitglied seiner Famile aufnehmen will. Vielleicht ist dies gar ein zynischer Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt? "Wenn der Mensch täglich mehrere Arten ausrottet, so sind nun die Künstler gefragt, die Artenvielfalt wieder zu bereichern," meint Eduardo Kac.

Jens Hauser

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Eduardo Kac
"Der Achte Tag" in Arizona, sowie "Hasengrün", grüne Mäuse und viele andere leuchtende "transgene Kunstwerke" auf der Website des Künstlers, Schriftstellers und Kultur-Theoretikers Eduardo Kac.
GFP - eine Zusammenfassung
Ein kleiner Exkurs in die Wissenschaft: Infos rund um das "Green Fluorescence Protein", kurz: GFP. Eine Website der Freien Universität Berlin. 

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zuletzt geändert am: Do., 8. November 2001

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